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Steuern & Recht
1. Juni 2015
Elternzeit: Kürzung des Erholungsurlaubs nur bei aktivem Arbeitsverhältnis

Elternzeit: Kürzung des Erholungsurlaubs nur bei aktivem Arbeitsverhältnis

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Denn die gesetzliche Regelung, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht.

Im Streitfall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) über folgenden Fall zu entscheiden: Die Klägerin war ab April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.000 Euro im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.05.2012 in Elternzeit. Mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012 verlangte sie von der Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen der Elternzeit.

Surrogatstheorie wird aufgegeben

Nach Ansicht des BAG erfolgte die Kürzung jedoch zu Unrecht. Die Beklagte konnte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.05.2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern. Die bisherige Rechtsprechung zur Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte auf der vom BAG vollständig aufgegebenen Surrogatstheorie. Nach der neueren Rechtsprechung ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser verdankt seine Entstehung zwar urlaubsrechtlichen Vorschriften. Ist der Abgeltungsanspruch entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber. (kb)

BAG, Urteil vom 19.05.2015, Az.: 9 AZR 725/13